Mehr Zeit für die Familie

Junge Eltern wollen Zeit für die Kids und einen erfüllenden Job. Die Unternehmen entwickeln Modelle für eine ausgewogene Work-Life-Balance

Tatsächlich leisten junge Eltern enorm viel – und es sind immer noch die Mütter, die sich um den Nachwuchs kümmern und die Doppelbelastung stemmen. Nach einer Studie des Jobportals StepStone fühlten sich vor allem sterben Mütter (68 Prozent) während der langen Zeit im Home-Office extrem gestresst. Die Hälfte der Frauen hatte sogar Angst, den Spagat zwischen Kindern und Karriere nicht mehr zu schaffen.

Aber Firmen kommen den Eltern immer mehr entgegen. Die Stadtwerke Bonn bieten zum Beispiel seit einigen Jahren schon einen Lehrstellenplatz in Teilzeit als Kaufmann/Kauffrau für Büromanagement, „mit dem wir uns auch an junge Eltern richten konnten, die noch keine Ausbildung machen konnten“, erklärt Brigitte Klein, Fachbereichsleiterin Personal- und Kulturentwicklung bei Die Stadtwerke haben mit dem Angebot gute Erfahrungen gemacht: „Ich erlebe immer wieder, wie viel junge Mütter in der Kürze der Zeit wegschaffen und wie gut sie sind organisiert.

Sie sind im besten Sinne des Wortes sehr effizientes und beherrschendes Schnittstellenmanagement. Das gilt auch für die Abstimmung mit den Kollegen: Sie machen das großartig“, sagt Klein. Ihr Kollege Ralf Albrod, Fachbereichsleiter Personal Service bei den Stadtwerken Bonn, sieht das ähnlich: „Eine junge Mutter geht ganz anders an die Themen heran als ein Berufseinsteiger ohne diesen Erfahrungshintergrund.”

Dabei ziehen die Väter nach. Das jedenfalls beobachtet Sabine Cox, Director Human Resources des IT-Beratungshauses CONET: ,,Bei unseren Familienvätern ist es inzwischen unschick, wenn sie sich keine Familienauszeit nehmen.” Die Personalleiterin findet es positiv, wenn die junge Generation private Interessen mit verfolgt und sich nicht nur für den Job einsetzt.,,Burnouts haben wir insbesondere bei Menschen gesehen, die ihre Grenzen völlig außer Acht gelassen haben. Wenn jemand zwölf Stunden jeden Tag arbeitet, dann ist er nicht zwölf Stunden produktiv, sondern vielleicht nur anwesend”, gibt Cox zu bedenken. Das bezieht sich sicherlich nicht nur auf junge Eltern, aber eben auch auf diese.

Deshalb haben sich flexible Arbeitszeitmodelle und HomeOffice in den Betrieben längstetabliert. Einige größere Unternehmen bieten deutlich mehr. Sie zum haben Beispiel Kinderbetreuung während der Schulferien mit im Programm. Denn wenn beide Partner arbeiten, muss oft einer Urlaub nehmen. Dann reichen die freien Tage für eine gemeinsame Urlaubsreise nicht aus.

Auch René Königshausen (PSD Bank West eG) hat zuletzt häufiger die Erfahrung gemacht, dass junge Familienväter ihre Arbeitszeit deutlich reduzierten, um mehr Zeit für die Familie zu haben.,, Manche gehen sogar von fünf auf drei Arbeitstage herunter und sind dafür auch bereit, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen.”

“Junge Mütter sind sehr effizient und beherrschen Schnittstellenmanagement”

Brigitte Klein (Stadtwerke Bonn)

Eltern können einiges selbst unternehmen, um die Belastung zu reduzieren. Experten empfehlen zum Beispiel, sich mindestens zwei Abende für die eigenen Interessen frei zu halten an denen es weder um das alleinige Wohl der Kinder geht noch um den Job. Überdies sollten die Partner überlegen, wie sie ihre Arbeitszeiten gewichten wollen. Die Anteile von unentgeltlichen und entgeltlichen Tätigkeiten können Paare gleichberechtigt verteilen, damit nicht Vater oder Mutter am Ende total überfordert sind. Außerdem ist es gut, wenn man darauf achtet, dass der Kontakt zum Arbeitgeber während der Elternzeit nicht abbricht. Es schadet nicht, die Firma mal zu besuchen oder mit den Kollegen Neuigkeiten auszutauschen. Man bleibt in das Geschehen involviert und muss später nicht bei Null wieder anfangen.

Valentin Lehnert (Swiss Life Select) ist selbst im Januar Vater geworden. Deshalb habe ich schon Ende 2021 ordentlich vorgearbeitet, um nach der Geburt meiner Tochter mehr Zeit für die Familie zu haben.” Erst Ende Februar sei er als Kanzlei-Leiter dann wieder voll eingestiegen. ,,Das war für mich der größte Luxus, und ich würde es genauso wieder machen.” Grundsätzlich seien bei Swiss Life Select diverse Teilzeitoder auch Auszeit-Modelle möglich: ,,Sie müssen nur rechtzeitig geplant und kommuniziert werden.”

Tipps für die Vereinbarkeit

Eltern können sich das Leben erleichtern, wenn sie sich an einige Regeln halten.

  • Erstellen Sie eine To-do-Liste. Dort werden nicht nur die Dinge aufgeschrieben, die noch unbedingt zu erledigen sind – wie der Einkauf oder die Steuererklärung. Vielmehr sollten auch geplante Freizeitprojekte notiert sein, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.
  • Kollegen zu vertrösten, ist erlaubt. Natürlich fällt es schwer, Kollegen zu enttäuschen. Manchmal muss das sein, wenn der eigene Tagesablauf sonst außer Kontrolle gerät. Nur ist es wichtig, die Absage freundlich zu formulieren und sich zu erklären.
  • Feste Arbeitszeiten unterstützen die eigene Zeitplanung. Man sollte aber immer damit rechnen, dass noch etwas dazu kommt. Deshalb ist es wichtig, den Tag nicht zu voll zu packen.
  • Die Kinder werden nicht vernachlässigt, weil sich ihre Eltern eine Auszeit nehmen. Die Doppelaufgabe zu bewerkstelligen, erfordert Kraft. Das sollten Eltern akzeptieren und sich für ihre Leistung loben.