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Digitaler Nomade in Festanstellung: Was sagt das Arbeitsrecht?

In vielen Köpfen gilt das Arbeiten als digitaler Nomade als Inbegriff von Unabhängigkeit. Ortsunabhängig, an den schönsten Plätzen, bei freier Zeiteinteilung arbeiten – das macht das Leben sogenannter Digital Nomads aus. So häufig wie der Wunsch nach einem solchen Berufsleben geäußert wird, finden sich aber auch Hindernisse. Ein häufig genannter Grund, der zu einer Entscheidung gegen das Leben als digitaler Nomade führt: die aktuelle Festanstellung. Viele Menschen möchten die Sicherheit nicht aufgeben, die ihnen ein Arbeitsvertrag inklusive Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bietet. Verständlich. Die gute Nachricht ist: Sie können digitaler Nomade werden UND fest angestellt sein. Wie das funktioniert und was das Arbeitsrecht dazu sagt, erklären wir Ihnen hier.

Was ist ein digitaler Nomade?

Digitale Nomaden arbeiten remote. Dank Laptop oder Tablet mit Internetzugang können sie ihrer Tätigkeit nachgehen und dabei ortsunabhängig sein. Arbeitsort kann ein Café, eine Hotellobby, ein Co-Working-Space oder auch eine Strandliege sein.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Kombination von digitaler Arbeit und Van Life zu einem Trend entwickelt. Viele digitale Nomaden reisen seither mit einem Wohnmobil oder Camper Van durch die Lande. Und einige haben ihr trautes Heim sogar ganz gegen ein Leben im Camper getauscht. Insgesamt sind die Lebensentwürfe und Arbeitsbedingungen von Digital Nomads mindestens so vielfältig wie die ihrer sesshaften Zeitgenossen. Nur die Kurzformel ist gleich: maximale Bewegungsfreiheit + ortsunabhängige Arbeit.

Welche Vorteile und Nachteile dieses Lebens- und Arbeitsmodell mit sich bringen kann, erfahren Sie im folgenden Abschnitt.

Vor- und Nachteile des Nomadenlebens

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Das gilt auch und insbesondere für die ortsunabhängige Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung.

Die Vorteile:

  • Ortsunabhängig Arbeiten: Leben und Arbeiten, wo andere Urlaub machen
  • Kosten: Arbeitszeit reduzieren und in einem Land mit geringeren Lebenshaltungskosten leben
  • Flexibilität: dort leben, wo es Sie hinzieht
  • Horizonterweiterung: Neue Kulturen und Mentalitäten kennenlernen
  • Fremdsprachen lernen: neue Sprachen durch den Kontakt mit Muttersprachlern lernen
  • Biorhythmus: Sie können ihren Zeitplan selbst bestimmen und ihrem natürlichen Rhythmus folgen
  • Tapetenwechsel: neue, wechselnde Umgebungen regen die Kreativität an.

Die Nachteile:

  • Ständiges Umziehen: Immer auf Reisen zu sein, kann anstrengen
  • Fehlende Motivation: Wer eine motivierende Führungskraft braucht, um produktiv zu sein, könnte finanziell in Not geraten
  • Einsamkeit: Wenn Sie das digitale Nomadenleben alleine bestreiten, sollten Sie gut mit sich alleine zurechtkommen können
  • Fehlende Stabilität: Auch wer das Abenteuer sucht, kann sich schnell nach der alten Stabilität sehnen
  • Ablenkung: Traumstrände und touristische Highlights können leicht von der Arbeit ablenken

Ortsunabhängig arbeiten als digitaler Nomade in Festanstellung

Seinen Job zu behalten und dennoch ein digitaler Nomade zu werden, scheint zunächst widersprüchlich zu sein. Aber viele sind genauso gestartet. Etwas schwieriger wird der Schritt, wenn der Arbeitgeber nicht mitmacht. Aber auch dafür gibt es Lösungen.

Zunächst klären wir, welche Vorteile eine Festanstellung mit sich bringt:

  • monatliches, festes Gehalt
  • bezahlter Urlaub
  • Kündigungsschutz
  • Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung

Auf diese Vorteile müssen Sie nicht verzichten, wenn Sie Ihren Traum vom Leben als digitaler Nomade realisieren wollen.

Natürlich wird nicht jeder Arbeitgeber gesprächsbereit sein, wenn es darum geht, dass Angestellte auf unbestimmte Zeit von einem beliebigen Ort auf der Welt arbeiten möchten. Auf der anderen Seite sind viele, die in klassischen Bürojobs arbeiten, ohnehin seit einiger Zeit im Homeoffice tätig. Da ist der Schritt zu einem Arbeitsplatz fernab der Heimat gleich nicht mehr so groß. Auch darüber hinaus tut sich etwas in puncto Unternehmenskultur. Arbeitszeitmodelle werden flexibler und richten sich mehr und mehr nach den Bedürfnissen der Angestellten.

Und zusätzlich bereitet der Fachkräftemangel vielen Unternehmen Sorgen, weshalb sie nur ungern auf Mitarbeiter verzichten wollen. Wenn der Wunsch, ein digitaler Nomade zu werden, entsprechend groß ist, kann sich daher ein gut vorbereitetes Gespräch mit dem Chef lohnen.

Arbeitsrechtliche Voraussetzungen für digitale Nomaden in Festanstellung

Sachen packen und ein kurzes „Ich bin dann mal weg.“ per E-Mail – das würde wohl zu einer Kündigung führen. Daher sollten Sie einen Plan haben, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz an die Côte d’Azur oder auch nur in einen Campervan verlagern möchten, mit dem Sie durch Deutschland fahren. Dazu gehört auch, die Gesetzeslage zu kennen. Insbesondere das Arbeitszeitgesetz macht es Angestellten und Unternehmen hierzulande schwer, Remote Work in die Tat umzusetzen. Grund sind fehlende oder ungenügende Regelungen für Homeoffice und Remote Work in den Gesetzestexten.

Laut Arbeitszeitgesetz (ArbZG) müssen Angestellte beispielsweise nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten. Konkret bedeutet das: Arbeitet ein Angestellter von 8 Uhr bis 12 Uhr und von 19 bis 23 Uhr, darf er laut § 5 ArbZG am nächsten Tag erst ab frühestens 10 Uhr die Arbeit wieder aufnehmen. Damit nimmt das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitnehmer vor Ausbeutung schützen soll, einem digitalen Nomaden die Möglichkeit, seine Arbeitszeit frei zu bestimmen. Solche und andere arbeitsrechtlichen Regelungen stammen sichtlich aus einer Arbeitswelt, die heute teilweise nicht mehr existiert. Einzig die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wurde im November 2016 novelliert. Alle anderen Punkte sind über individuelle Vereinbarungen zu regeln.

Gesetzliche Regelungen für Mobiles Arbeiten im Überblick:

  • Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gilt auch für mobiles Arbeiten
  • Das Arbeitsschutzgesetz gilt uneingeschränkt
  • Obwohl die Attraktivität von mobilem Arbeiten in der Flexibilisierung von Arbeitszeit begründet ist, gilt hier das Arbeitszeitgesetz vollumfänglich.
  • Wenn Mobiles Arbeiten im Angestelltenverhältnis ausgeübt wird, besteht der allgemeine Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
  • Der Datenschutz inklusive des Schutzes vor unerlaubtem Zugriff auf betriebliche Daten ist unabhängig vom Arbeitsort zu gewährleisten
  • Bei der Mitbestimmung und Mitwirkung im Betriebsrat darf Remote Work kein Nachteil entstehen.

Wenn Sie ein digitaler Nomade werden, sind einige der fortbestehenden Regelungen nicht mehr durch Ihren Arbeitgeber überprüfbar. Sie tragen daher ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Zukünftige Mobile Worker sollten berücksichtigen, dass Ihnen niemand mehr bei der Arbeit über die Schulter schauen wird und sie im wahrsten Sinne für sich selbst und ihre Arbeitsergebnisse verantwortlich sind.

Fazit

Klar, nicht jeder Job kann remote erledigt werden. Auch ein Recht auf mobiles Arbeiten besteht nicht. Wer gut vorbereitet ist und stichhaltige Argumente hat, kann aber den Versuch wagen, seinen Arbeitgeber von den Vorteilen des mobilen Arbeitens zu überzeugen. Wer auch vor einem Jobwechsel nicht zurückschreckt, findet mittlerweile zahlreiche Remote-Job-Angebote in unserer Jobbörse. Wichtig ist, sich vorzubereiten, Erfahrungsberichte von anderen digitalen Nomaden zu lesen und die eigene Motivation zu diesem Schritt zu hinterfragen. Wenn Sie aus voller Überzeugung digitaler Nomade werden wollen, können Sie auch Ihren alten oder neuen Arbeitgeber davon überzeugen können, dass Sie ein wertvoller Mitarbeiter sind, egal von wo aus Sie für ihn arbeiten.